Mein Gartenjahr in zwölf Bildern


Anja aus dem Horrorgarten verbringt ihre Wintermonate offenbar ähnlich wie ich – sie wühlt in den Gartenfotos der vergangenen Saison. Herausgekommen ist bei ihr das Gartenjahr in 12 Bildern –und die eine Blogparade, die uns zu näherer Beschäftigung mit einem Gartenjahr anregen soll.
Längliches wühlen in den Fotos hat mir eines klar gemacht – für mich sind die grossen Übersichten so wichtig wie Details, sie sind sozusagen untrennbar verbunden. Daher gibt es für jeden Monat ein Tableau mit zwei mir kostbarer Momente.

JÄNNER
Ein fantastischer Winter, für mich. Mild, kein Schnee, keine rutschigen Eisplatten (aber auch kein Raureif, aber den gibt es hier auch in winterlichen Wintern sehr selten) Dafür blüht der Winterjasmin (Jasminum nudiflorum) überreich, seit dem Spätherbst und wärmt den Weg zum Haustor. Und neben der Terrassentür kommt doch wirklich einmal die Duft-Pestwurz (Petasites fragrans) zum blühen. Da sie wuchert, ist sie auf das Beet an der Hausmauer beschränkt, rundherum von den Terrassenplatten eingesperrt. Im Sommer decken ihre rundlichen, gut handflächengrossen Blätter den Boden unter den 7-Söhnen-des-Himmels (siehe August).

FEBRUAR
Einen Tag Schnee (mehr gab es in diesem Winter nicht!), und schon kommt die grafische Wirkung im Garten gross heraus. Wir checken dann gerne, wo wir etwas ändern wollen, sollen, müssen. Und jeden Tag aufs Neue gab es das Staunen über die zartwächsernen Blüten auf der gar nicht zartwachsenden Winterblüte (Chimonantus praecox). Bei Plusgraden, ohne Wind, greift der nelkenwürzige Duft sogar in den Raum nahe dem Strauch. Note to Self: kommenden Dezember ein paar Zweige für die Vase schneiden. Statt der Kirschzweige. Oder zusätzlich?

MÄRZ
Anfang der 90er Jahre bekamen wir von einem befreundeten Gärtner 12 Kisten mit Zwiebeln abgeernteter Treibnarzissen geschenkt. Sie blühen noch immer im Garten, über die Jahre immer wieder ergänzt mit Restbeständen, die es zu Saisonende wohlfeil in Gärtnereien oder Blumengeschäften gibt. Die überaus üppige Blüte der schon 10 Jahre alten Korsischen Nieswurz (Helleborus argutifolius) im lichten Schatten unter der Zwetschke vor dem Haus war ihr Schwanengesang: im Laufe des Frühlings ist sie eingegangen. Sämlinge habe ich bis jetzt immer verschenkt, hoffentlich kommen auch heuer welche. Sie fehlte mir nämlich sehr mit diesem speziellen lebendigen hellen Grün.

APRIL
Eine besondere Freude ist mir die Weinberg-Tulpe (Tulipa sylvestris), mit deren Betrachten und Beschnuppern ich viel Zeit verbringe. Aus schmalen graugrünen Blättern, die in alle Richtungen sich neigen, steigen Stängel, die sich in alle Richtungen neigen und winden, empor. Die Blüten neigen sich in alle Richtungen, die Blütenblätter und vor allem die Spitzen drehen sich fast barock, richtig, in alle Richtungen. Eine Pflanze, die sehr eigenwillig wirkt, und bei uns unter hohen Sträuchern (in einem lichten Wäldchen) sehr gut gedeiht, sehr früh schon austreibt. Ein besonderer Glücksfund war ein Maiglöckchen, gefunden bei einem kleinen Stand auf der Raritätenbörse im Botanischen Garten in Wien (ich habe alle, die ich gesehen aufgekauft, ja, ich will grosse Flächen!) und das sich zu Hause als gefüllt entpuppt hat. Wow!

MAI
Am Südrand des in April erwähnten Wäldchen steht eine Moschusrose (Rosa moschata), im selben Jahr gepflanzt wie die Korsische Nieswurz. Die hat sich durch die 10 Jahre unauffällig durch die Gehölze geschwungen. Und bietet jetzt überwältigendes Duften (tatsächlich ist sie zu riechen lange bevor sie zu sehen ist) und Blühen. Und wie andere im Winter die Schneeglöckchenblüte lüpfen, hebe ich jetzt Akeleiblüten an. Und bin immer wieder fasziniert, dass einmal 'Nora Barlow' und einmal 'Black Barlow' im Garten reicht, um immer wieder gefüllte Akeleien in allen möglichen Farben zu finden. Heuer war sie reinweiss, sehr schön.

JUNI
Geschenke nenne ich sie, die Wilden, die kommen und gehen, einmal hier, einmal da, und den Garten von Jahr zu Jahr anders wirken lassen (zumindest im Detail). Das heurige Geschenk war eine der vielen Kamillen (ev. die Geruchlose Kamille), in dem Pflasterritzen vor dem Haus, direkt neben meinem Kübel mit rotblättrigen Salbei und einjährigen Kräutern. Ein besonderes Geschenk heuer: durch Wochen leuchten die Blüten durch die Blaue Stunde...Ein Ansiedlungsversuch trägt Früchte: nachdem ich seit einigen Jahren vergeblich versuche, den Kalifornischen Goldmohn (Eschscholtzia californica) durch Aussaat anzusiedeln, habe ich heuer endlich vorgezogene Pflanzen gefunden (Gärtnerei Ochsenherz). Die haben geblüht, Samen angesetzt, und Sämlinge produziert. Hoffnung!

JULI
Weil wir von Geschenken reden, meist im Juli steht diese unbenannte Teehybride in Blüte – geschenkt, mit zwei anderen, von einer Gartenfreundin, in deren Garten in kalter Lage sie immer soweit zurückgefroren ist, dass sie kaum geblüht hat. Mit anderen bunten Sommerblühern ein Bild, das ich um die Zeit gerne im Schatten geniesse. Ausser heuer, es hat viel geregnet. Wenn nicht, waren die Gelsen (=Steckmücken) unerträglich. Die Sonne habe ich trotzdem gesehen im Juli J in einer Blüte des mir so lieben Heil-Alants (Inula helenium). Die grossen Sonnenblüten stehen auf hohen standfesten Stängeln in einem Schopf dekorativer einfacher Blätter, bis zu gut drei Handspannenlang und eine bis zwei breit. Versamt hin und wieder, immer genau dorthin, wo sie wirklich gut zur Wirkung kommt. Eitles Ding.

AUGUST
Noch streift das goldene Nachmittagslicht durch den Garten, noch sind die Abende lang. Trotzdem, erste Erinnerungen an die dunkle Zeit steigen auf. Ich verdränge sie, unter anderem mit einer meiner Lieblingsbeschäftigungen im Garten, Leute schauen. Die 6beinigen Leute wie dieses Ochsenauge finde ich um diese Zeit in ganzen Heerscharen an dem im voller Blüte stehenden 7-Söhne-des-Himmels-Strauch (Heptacodium micoinoides). Die weisse üppige Pracht verwandelt sich dann binnen weniger Woche in purpurrote Fruchtstände, die selbst wie Blüten wirken.

SEPTEMBER
Wie erleben Insekten Raum, vor allem Distanzen? Sie selbst sind, im Verhältnis zu uns, winzig – erscheint ihnen riesig, was für uns menschengerechte Proportionen hat? Viele können fliegen – erscheint ihnen kurz, was für uns, solange wir gehen, weit erscheint? Jedenfalls brauchen sie sehr wenig Platz und müssen ruhelos werken für die Brut. Im April habe ich in zwei nach vorn gekippte Balkonkästen für Insekten geeignete Wohnstätten eingebaut (dazu eine extra Post). Nicht, dass das in unserem Garten wirklich not wäre, aber das Beobachten geht jetzt komfortabler. Auf der Detailseite vergaffte ich mich in die erste Blüte der Säckelblume, 'Gloire de Versailles'. Ein eigenartig pudriges Blauviolett, ein Echo der benachbarten Bartblumen. Duft soso lala, sowohl was Stärke (objektiv) als auch Qualität (subjektiv) angeht.

OKTOBER
"Bitte, was machen die Hornissen denn da" (geschützt vom Heptacodium, haben sie sich unter den Dachziegeln bei der Terrassentür angesiedelt, da bekommen wir ziemlich viel von ihrem Treiben mit). "Was legen sie da auf die Blätter vom Salbei?" Die Brut, die den Winter nicht überleben würde. Der muss die Welt in dem Moment sehr weit, sehr hell und sehr trist erscheinen....
Ein Experiment, dass ich wiederhole: nach dem Rückschnitt der Tradescantia pallida im Spätwinter die Triebe im Wasserglas bewurzeln, und als Sommerschmuck in die Beete vom Sommergarten (der mit der geschenkten Rose!) pflanzen. Sie halten sogar leichte Fröste aus, ein voller Erfolg.

NOVEMBER
Die Herbstfärbung war heuer eher durchwachsen, die Berberitze 'Autumn Beauty' hat erst sehr sehr spät ihr leuchtendes Rot angezogen. Sträucher, die sie sonst begleiten, waren da schon blattlos. Sehr nett machen sich die beiden Eiben links: wie so vieles im Garten werden sie grösser, viel grösser, als von der Baumschule angegeben, Formschnitt bietet sich bei Eiben an. Die Köpfe sind mittlerweile deutlich zu erkennen, links steht der "aus beiden Backen Bleedheit blasende Bloch", rechts sein jüngerer Bruder. Bequem hinter der Terrassentür im warmen Haus stehend fotografiere ich ab Herbst die Vogelschar, die sich in den Pflanzenresten der Wiese tummelt, die im Augustbild vor dem Haus zu sehen war. Dieser Distelfink ist vielleicht sogar einer der beiden, die heuer in der Hecke an der Wand neben dem Lichtobjekt (im Hintergrund vom Junibild zu sehen) genistet hat. Direkt am Weg, den wir mehrmals täglich gehen. Nett das.

DEZEMBER
Kein starker Frost, kein Schnee, kein Eis. Der Winterjasmin blüht üppig. Der Kreis schliesst sich. Der Jahreskreis, so wie die Tageskreise. 

Auf ein Neues!


Kommentare

  1. Liebe Brigitte,

    was für ein riesiger wundervoller Garten. Es freut mich sehr, dass du bei meiner Blog-Parade "Mein Gartenjahr in zwölf Bildern" mitgemacht hast.

    Liebe Grüße
    Anja aus dem kleinen Horrorgarten

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    1. ich fand die idee genial. Die vielfalt an gärten, die zusammengenkam, ist herzerfrischend. Habe das lesen sehr genossen, bzw geniesse es noch. Bin noch nicht durch alle posts durch.

      lg, Brigitte

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  2. Hallo Brigitte,
    nach Deinem Post weiß ich nun, dass ich richtig gehandelt habe, als ich meinen beiden H. argutifolius schweren Herzens einen Teil der Blätter geraubt hatte. Wenn sie so langlebig sind, dann dürfen sie auch mal muckelig aussehen. Bisher hatte ich an den früheren Pflanzen meist nur 1 oder 2 Jahre Freude, und dann waren sie leider wieder verschwunden. Doch wahrscheinlich standen sie nicht frei genug und zu schattig. Doch seitdem ich sie um 1997 herum im Berggarten in Hannover gesehen hatte, habe ich mich in diese Staude verliebt. Und bei der vorletzten Pflanze hatte ich mir geschworen, dass ich danach aufgebe ;-)

    Und Deine R.moschata ist ja auch ein Traum! Die habe ich seit unserem ersten Besuch im Rosarium Sangerhausen auf meiner Wunschliste. Nur war sie mir bisher nie begegnet. Und in den letzten Jahren hatte ich mich mit dem Rosenkauf zurückgehalten, da es lange Zeit nur noch schwierige Rosenstandorte im Garten gab. Aber nach Deinem Foto rutscht sie in meiner Wunschliste jetzt ganz weit nach oben!
    Ich weiß nur nicht, ob ich Dir nun dafür danken soll, dass Du meine Sammelleidenschaft im Bereich Pflanzen wiedererweckt hast ;-)
    LG Silke

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    1. Ich hoffe ja sosehr, liebe Silke, dass ich heuer doch noch einen sämling von der korsischen schönheit finde. Denn wer weiss, ob sie sich wieder so wohl fühlt im garten. Der platz war ideal, an denselben mag ich sie aber nicht setzen, der boden soll sich erholen.

      Die moschusrose wird riiiieeesiiiig, aber das ist ja der grosse reiz. Ich war (und bin) nicht sicher, ob es nicht vllt Rosa brunonii ist. Jedenfalls komme ich eh nicht zum genauer bestimmen, und die unterschiede sind eh gering.

      Bei mir sind es die farne, die mich schon länger reizen. Einige habe ich schon in den garten geholt, aber ein vortrag bei den Langenloiser staudentagen vor einem monat hat mir noch viele kandidaten schmackhaft gemacht.

      Lg, Brigitte

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    2. Liebe Brigitte,
      wenn Du eine Brunonii im Garten hast, dann hast Du Dir wirklich ein wucherndes aber traumhaftes Monstrum eingehandelt ;-) Da spreche ich aus eigener Erfahrung. Allerdings blüht sie nur einmal. Eine Moschata müsste eine öfterblühende Rose sein. Und aus der Erinnerung bin ich der Meinung ihre Blüte ist größer …
      LG Silke

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    3. Danke Silke, für den hinweis mit einmal/öfterblühen. Dann ist es wohl wirklcih R. brunonii, sie blüht einmal üppigst. Und ja, sie ist sehr raumgreifend. Beeindruckend.

      lg, Brigitte

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    4. Liebe Brigitte,
      vielleicht helfen Dir dann meine Fotos im Sommer beim Vergleichen. Denn wir haben unsere Rosa brunonii vor einigen Jahren aus einer recht guten Rosenbaumschule mitgebracht: http://wildwuchs-unter-aufsicht.blogspot.de/2011/06/rosa-brunonii.html
      LG Silke

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    5. lesezeichen gesetzt, so kann ich nachschauen wenn es soweit ist. Danke sehr Silke!

      lg, Brigitte

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  3. Liebe Brigitte, wie schön, dass ich dich über die Teilnahme an Anjas Aktion kennen lerne! Sehr schöne Eindrücke sind das.
    Und wieder einmal merke ich, dass sich auch die Pflanzen ihre Gärtner aussuchen: Eigentlich habe ich zehn grüne Daumen, aber ausgerechnet die Foetidus und die Tulipa silvestris mochten mich nie. Oder vielleicht meinen Sandboden nicht? Das wäre für mein Ego etwas tröstlicher ;-)
    Viele Grüße
    Xenia aus dem berlingarten

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    1. liebe Xenia, mir geht es wie Dir . sehr schön, dass ich Dein blog über Deinen kommentar gefunden habe!
      Helleborus foetidus (Riechende Nieswurz) ist in unserem garten zweijährig. Zwei orte weiter werden sämlinge unserer pflanzen mehrere jahre alt. Die erwähnte korische nieswurz ist dagegen hier 10 jahre alt geworden. So verschieden ist das.

      Die waldtulpe treibt jetzt schon kräftig blätter. Ich hoffe heuer auf noch mehr blüten....

      liebe grüsse aus dem klassengarten
      Brigitte

      PS: zögere nicht, biete Deinem garten das Du an!

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  4. Liebe Brigitte,
    das Bild vom Winterjasmin hat's mir ja besonders angetan. Wahrscheinlich, weil ja nun Winter ist, aber auch, weil die Mauer so durchscheint durch die blütenbehangenen Äste.
    Toll auch, dass die Hornissen bei dir wohnen durften.
    VG
    Elke

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  5. momentan hat der winterjasmin einen durchhänger, will heissen, das viele blüte schon fahl sind, und noch wenig neue offen.
    Hornissen sind richtig coole flieger, und wo hornisse da kaum wespe. Daumenrauf!

    lg, brigitte

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